Anton Sikora zieht an seiner Zigarette. Er hat bereits einen langen Tag hinter sich, auch wenn es erst kurz nach Mittag ist. Seit dem Morgen ist er schon in der Retro-Area unterwegs, hilft bei Freunden auf einem Stand aus. Zwischendurch versucht er allerdings auch sein eigenes Spiel zu promoten – ohne Stand, nur mit T-Shirt und seinem Android-Tablet. Darauf: Eine rechteckige, kleine Klötzchenkarte, die mit Häusern, kleinen Wegen, und viereckigen Landschaftsfeldern übersät ist. Stolz hält er sein Tablet vor sich hin und zeigt sein Spiel. “Es ist wie “Carcassonne“, das auf “Die Siedler” trifft – nur für Pazifisten”, sagt Sikora. “Carcassonne“, das ist ein Strategiespiel, bei dem die Spieler ihre eigene Spielwelt mit kleineren Haus- oder Feldkarten bauen. Dieses Prinzip hat Sikora mit den Finanz- und Aufbaufeatures aus die Siedler gekreuzt, und heraus kam: “Tiny Little Kingdoms“.
Drei Jahre lang hat er an seinem Spiel gearbeitet, oft auch während der Arbeit. Denn eigentlich ist der 37-Jährige von Beruf Assistent für Menschen mit Behinderungen und hilft rund um die Uhr aus. Gerade zwei Wochen ist es her, dass er sein Aufbauspiel fertiggestellt hat. “Ich kenne die Person die ich betreue schon lange und sehr gut. Da konnte ich auch bei ihm mal an dem Spiel feilen”, so Sikora.
Seine ersten Codingskills hat sich der 37-Jährige während seiner Jugend selbst beigebracht – indem er stundenlang in seinem Programmierbuch versank. Frisch Gelerntes hat er immer direkt am eigenen Commodore ausprobiert. Sikora erinnert sich an diese Zeiten: “Meine Mutter hat damals immer “Die Siedler 2” gespielt und alle Karten ohne Gegner vollgebaut. Ich wollte genau in die gleiche Richtung gehen.” So kam Jahre später die Idee zu “Tiny Little Kingdoms” zustande. Das Game kommt zudem ohne Story aus, bietet aber einen Kampagnenmodus mit Missionen.
Endlose Produktionsketten, maximale Satisfaction
Im Spiel selber wird ein mit jedem Level komplexer werdendes Königreich aufgebaut, indem Weg- oder Rohstoffkarten um die eigene Burg verteilt werden. Wird zum Beispiel zunächst an Wäldern Holz und an Bergen Stein abgebaut, müssen zum Vorankommen später Rohstoffe kombiniert werden. So werden dann Produktionsketten zusammengesetzt, die immer aufwendiger zu kombinieren werden. Generell möchte dadurch das Spiel die Sparte der “Satisfaction”-Aufbauspiele à la “Factorio” oder “Satisfactory” bedienen.
“Es war immer mein Traum ein eigenes Spiel zu entwickeln – ich lebe ihn gerade. Und es ist fühlt sich unglaublich gut an”, so Sikora. “Aber vor allem wollte ich etwas zu Ende bringen. Ich habe schon einige Prototypen an Spielen gehabt, die sind aber dann am Ende in der Tonne gelandet”, ergänzt er. Was ihm ebenfalls viele Sorgen bereitete, war vor allem das Balancing des Ökonomiesystems mit den Ressourcen. Dieses schien nach der Einführung von neuen Ressourcen immer unübersichtlicher zu werden.
“Für mich war auch von Anfang an klar, dass es in meinem Spiel keine militärischen Einheiten geben würde. Sonst würde das meine Mutter nicht spielen. Gerade ihr wollte ich mein Spiel zeigen”, schließt Sikora. Jetzt steht er auf vom Boden, die Zigarette ist nur noch ein Stummel. Er verabschiedet sich herzlich und steuert wieder auf Halle 10.2 zu. Heute hat er noch viel vor. Er will schließlich so vielen Menschen wie möglich von seinem kleinen Spiel erzählen, das er mit viel Herzblut geschaffen hat.
Tiny Little Kingdoms ist ab jetzt im Google Play Store verfügbar und kostet 3,99 Euro. Eine Demoversion mit drei Leveln ist kostenlos verfügbar.