Iryna Somka vor ihrem Stand auf der gamescom 2024.
Foto: Steven Schöpper

Spiele entwickeln im Krieg: Die Gamesindustrie in der Ukraine 

Der Ukrainekrieg dauert mittlerweile weit über zwei Jahre an und noch immer sind die Menschen täglich mit Leid und Entbehrungen konfrontiert. Trotzdem lässt sich eine Gruppe von ihnen nicht unterkriegen: Die Spielstudios.  

Iryna Somka ist eine von insgesamt vier ukrainischen Organisator:innen auf der gamescom 2024. Es ist erst das zweite Jahr in Folge, dass sich das Land mit einem eigenen Stand auf der weltgrößten Spielemesse präsentiert. “Wir machen dies alles hier ohne staatliche Finanzierung, nur vier Freunde, die sich über das Geschäft kennen”, berichtet die Direktorin für Geschäftsentwicklung bei der Fachmesse Games Gathering im Interview.  

Herausforderungen und wie man sie überwindet 

In den meisten Fällen ist die Arbeit der ukrainischen Studios in der Heimat nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt möglich. „Wir hatten ständig Stromausfälle, mittlerweile haben wir uns mit Generatoren vorgesorgt“, erzählt sie weiter. Doch bedeutet das auch eine zusätzliche finanzielle Belastung.  

Aus diesem Grund sind zahlreiche Entwickler*innen inzwischen temporär in den Westen der Ukraine oder ins Ausland umgezogen – auch, um ihre Familie und Existenz zu schützen. So sind zum Beispiel viele Mitarbeitenden des ukrainischen Wargaming Studios (World of Warships/World of Tanks) jetzt in Prag zu finden. “Die großen Studios haben das auch schon teilweise vor der Invasion gemacht und viele andere versuchen immer noch ihre Mitarbeiter und deren Familien in Sicherheit zu bringen”. Allerdings ist ein derartiger Umzug gerade für kleine Studios eine finanzielle Belastung, wenn gleich und auch die größeren aus diversen kriegsbedingten Gründen nicht die Möglichkeit haben, all ihr Personal zu evakuieren. 

Lichtblicke in dunklen Zeiten 

Trotz all dieser Schwierigkeiten gibt es aber auch Positives über die ukrainische Spieleindustrie zu berichten: der Anbietermarkt wächst, es entstehen neue Studios und viele Firmen stellen zusätzliches Personal ein. Zudem haben seit Beginn des Krieges viele Frauen den Weg in die Gamesindustrie gefunden. Durch ihre Anpassungsfähigkeit seien die ukrainischen Entwickler*innen die belastbarsten der Welt: “Sie können mittlerweile von überall arbeiten: von zu Hause, aus dem Bunker oder aus der U-Bahn”, so Iryna Somka.  

Das schütze die Studios jedoch nicht vor der reduzierten Auftragslage aus dem Ausland. “Viele sehen es als zu hohes Risiko, Aufträge an eine ukrainische Firma zu vergeben”, dabei sei dies aus den gennannten Gründen völlig unbegründet.  

Spiele unter dem Einfluss des Krieges 

Neben dem Entwicklungsprozess selbst, beeinflusst der Krieg die Gamesindustrie auch in ihrer Themenwahl. So versetzt zum Beispiel das auf der Spielemesse vorgestellte Hollow Home vom Studio Twigames die Spielenden direkt in die Rolle eines Teenagers in einer besetzten Stadt – ein Survivalgame der besonderen Art. 

Doch auf der gamescom geht es den Entwickler*innen nicht nur darum, den Krieg thematisch aufzugreifen und für ihre Umstände zu sensibilisieren, sondern vor allem darum, präsent zu sein, “zu zeigen, dass wir noch da sind, dass wir arbeiten und sogar wachsen. Das ist unser Ziel und deswegen sind wir hier”, so Iryna Somka. Die Messe gibt ihr die Möglichkeit, genau dieses Ziel Wirklichkeit werden zu lassen. 

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