Die leere koelnmesse.
Foto: Christina Schäfer

Hinter den Kulissen der gamescom

Punkt 10 Uhr. Auf der 80.000 Quadratmeter Fläche der Koelnmesse erheben sich die ersten Strukturen der weltweit größten Spielemesse – der gamescom. Rolltreppen fahren nicht und Beschilderungen fehlen. Die schwarzen Sektionaltore schließen sich wie Invisible Walls um das, was der Welt da draußen verborgen bleibt: Der Aufbau der gamescom, die sich in weniger als 24 Stunden für Fachbesuchende und Presse, dann auch für Privatbesuchende öffnet.

Bei den wenigen Menschen vor Ort schallen die eigenen Schritte durch die Hallen. Die Suche nach dem eigenen Stand wird zum Labyrinth-Spiel durch enge Nebenwege, bei denen eine weiße Tür auf die nächste folgt. Da heißt es nun ausprobieren – allein oder im Team der Planlosen. Die erste Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und herauszufinden, warum die Menschen hier sind.

Die gamescom – Was ist das überhaupt?

Nachdem die gamescom zuvor unter dem Namen Games Convention in Leipzig stattfand, hat sie seit 2009 ihr Zuhause in der bevölkerungsreichsten Stadt NRWs, in Köln, gefunden. Und das, obwohl durchaus andere Städte Interesse an ihr zeigten. „Wir sind natürlich total der Meinung, dass die Messe nach Köln gehört, mit all den großen Playern wie zum Beispiel Electronic Arts. Köln ist da schon das Gaming Cluster“, sagt Boris Graue, Fachstelle Medienpädagogik im Amt für Kinder, Jugend und Familie der Stadt Köln. Er sieht die Stadt am Rhein, vor allem aber die gamescom, als den weltweiten Standort, um sich über Spiele auszutauschen und sich darüber zu verbinden.

In den warmweiß beleuchteten Hallen fallen vor allem die Menschen auf. Beim Aufbau treffen sie aufeinander – alle Geschlechter, alle Hautfarben, alle Nationalitäten. Sicherheitspersonal steht für Fragen bereit, die Hilfskräfte putzen. Ein Team streicht die Wände schwarz, ein anderes schweißt das Metall für den Stand. Techniker*innen installieren Monitore. Sie arbeiten allein oder im Kollektiv. Eine Sache verbindet sie: dass sie die gamescom 2024 auf ihre große Eröffnung vorbereiten.

Letztes Jahr präsentierten 1.227 Ausstellende aus 63 Länder ihre Spiele, Dienstleistungen und Produkte rund ums Gaming – und zwar für über 320.000 Besucher*innen aus insgesamt 116 Ländern. Dieses Jahr rechnet man mit Zehntausenden Besucher*innen mehr. Über 1.400 Ausstellende sind zugegen. Die meisten haben ihren Platz bereits gefunden, während manch andere zwischen den Trennwänden eines Pac-Man-artigen Labyrinths noch vergeblich ihr Ziel suchen. Verwirrung schlängelt sich durch das geordnete Chaos.

Gesucht – gefunden! Oder etwa doch nicht…?

Staub legt sich auf die Lunge, der Geruch von Wandfarbe steigt empor. Die gesamte Szenerie erinnert an eine Baustelle – nur mit deutlich mehr Schlabbershirts und Jogginghosen als Bauhelmen. Um die Mittagszeit mischt sich das Aroma von Pizza dazu, während sich die leeren Kisten in den Ecken stapeln. Papier auf Papier. Plastik auf Plastik. Anders als beim Lebenssimulator Sims fallen hier die Möbel eben nicht vom Himmel. Das Fortschreiten ist müheselig. Manch Weniges ist fertig, vieles noch in der Testphase.

Die Essenz der gamescom – Internationalität und Community-Building

Aus dem Hintergrund schallt dumpf Musik. Ein Host bereitet sich auf seine Show vor und spricht sich mit Cosplayer*innen ab. „Noch ein Probedurchlauf? Alright, then walk on stage.“ Die Messe ist international – was leicht in Vergessenheit gerät, wenn sich nicht wie in der Business Area ein Länderstand nach dem nächsten reiht.

Die Internationalität kommt auch Eva vom kanadischen Entwickler*innenstudio Lucid Tales zugute. Sie kam auf Empfehlungen von Freund*innen zur gamescom, um ihr Indie-Spiel Sally vorzuführen: „Es ist das erste Mal, dass wir das Spiel zeigen. Wir hatten das Gefühl, dass wir noch keinen Draht zu der europäischen Gamer-Community hatten, daher sind wir hierhergekommen.“ Sie ist besonders stolz auf ihr Cozy Game und freut sich darauf, das Community-Feeling auch außerhalb des Spiels zu genießen.

Community. Dieses Wort schreibt die gamescom besonders gut. „Gaming ist das Thema Nummer Eins bei Menschen unter Dreißig: spielen, sich verbinden und connecten sind Themen, die alle Leute lieben“, sagt Boris, während er seinen Blick auf den Stand des Jugendforums NRW richtet. Es sind die Spiele, welche die Menschen zusammenführen, aber eben nicht nur die Spiele. „Auf dem Forum kommen Personen mit ganz verschiedenen Hintergründen zusammen. So entstehen unglaublich coole Gespräche“, berichtet Sophie, Projektkoordinatorin vom Jugendforum NRW.

Auch Boris erzählt mit Freude über die Momente der gamescom, die ihn besonders rühren. So hat voriges Jahr ein Mensch mit schweren Mehrfachbehinderungen zum ersten Mal Mario Kart 8 Deluxe spielen können – möglich wird das durch Projekte wie Gaming ohne Grenzen. Das Jugendforum hat einen bildungs- und medienpädagogischen Schwerpunkt, doch auch für Boris ist klar, dass der Spaß und das Spielen selbst im Vordergrund stehen. Und natürlich die Menschen, die in den kommenden Tagen die Hallen füllen werden.

Foto: Christina Schäfer

Und das können sie nun. Punkt 18 Uhr: die Technik steht. Die Hallen sind bereit und liegen in erwartungsvoller Stille vor den Tausenden Schritten, die durch die Messe schallen werden.

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