Das Cosplay-Problem

Ein Kommentar zum Stand der Szene von Moritz Merker

Cosplays sind nicht nur auf der gamescom allgegenwärtig. In allen Formen und Farben – und in allen nur erdenklichen Qualitäten. Wer aber denkt, Cosplay sei gleich Cosplay, der liegt mit dieser Ansicht weit daneben.

Der Unterschied liegt in der Herstellung, in der Art und Weise, wie ein Cosplay produziert wird. Es gibt auf der einen Seite diejenigen, die hunderte von Arbeitsstunden in detailverliebte Cosplays stecken, die Charaktere lebensecht darstellen. Auf der Kehrseite hingegen stehen diejenigen, die sich ihre – mehr oder minder gut passenden – Cosplays im Internet kaufen und so gut wie keine eigene Arbeit außer ein paar Klicks auf einschlägigen Websites aufbringen.

Cosplayer sehen sich als Künstler

Und das mag in vielen Fällen auch richtig so sein. Aber: Wenn jemand ein gekauftes Cosplay trägt, ist die Person deshalb nicht automatisch auch gleich Künstler oder Künstlerin. Modeschöpfer wie Karl Lagerfeld waren und sind Künstler, da sie Werke selber schaffen. Aber jemand, der nur die Kleidung Lagerfelds trägt, ist das nicht. 

Aber wie ist es nun zu diesem apokalyptisch anmutenden “Zerfall der Cosplayerszene” gekommen? Es gab doch schon seit jeher simple Nova-Bodysuits und dergleichen. Was hat sich geändert? Dem wachsamen Auge fällt dies auf Veranstaltungen wie der gamescom Jahr für Jahr stärker auf. Cosplays werden inflationär. Irgendwann läufst du am 20. D.Va-Cosplay vorbei und realisierst, dass es keine Leistung ist, sich für wenig Geld einen nicht passenden Jumpsuit zu kaufen, sich zwei rosa Streifen ins Gesicht zu schmieren und eine langweilige Perücke über das Haupt zu streifen.

Diese Personen, die so viel Arbeit in authentisch gestaltete Cosplays stecken, verdienen Achtung und Unterstützung. Zumindest weitaus mehr als diejenigen, die sich allem Anschein nach so gut wie keine Mühe geben.

Wie NSFW-Cosplays die Szene ändern

Besonders problematisch für die Community sind Cosplayerinnen, die sich massenweise auf Seiten wie Patreon für ihre halbherzige Präsentation bezahlen lassen. Die wichtigste Regel hierbei lautet: Je anzüglicher das Cosplay gestaltet ist, desto mehr Minderjährige nutzen die Kreditkarte der Eltern, um das neueste NSFW-Photoshooting für nur 50 Euro im Monat zu finanzieren.

Ebenfalls wird es nicht besser, wenn Streamingseiten wie beispielsweise Twitch lieber darauf achten, dass mehr Geld in die eigene Tasche gespült wird, als dass die eigenen Regeln beachtet werden. Besonders sichtbar ist dies bei diversen “E-Cosplayerinnen”. Immerhin gibt es hunderte, wenn nicht sogar tausende, die solche Streams jeden Tag verfolgen. In der Beschreibung finden sich dann immer Zahlen, die einen stutzen lassen – dort werden gerne die “Top Donators” aufgelistet – eine Liste, die oft bei 10.000 Euro anfängt und irgendwo über der 30.000er-Marke aufhört.

Lasst uns “richtiges” Cosplay fördern

Aber: Es gibt sie. “Richtige” Cosplayende, richtige Kunstschaffende. Leute, die sich intensiv mit der Materie rund um “ihren” Charakter beschäftigen, diejenigen, die viele hundert Stunden Arbeit in ihre Auftritte stecken. Die wenigen, die so gut wie alles selbst herstellen, schneiden, bemalen und zusammensetzen.

Die besten Cosplays in Halle 10.2 der gamescom 2019