Ein Kommentar von Steven Schöpper
Steigende Besucher*innenzahlen und Einnahmen auf der gamescom 2023: Auch wenn der Besuchenden-Rekord von 2019 letztes Jahr nicht übertroffen wurde, waren mit über 320.000 Menschen aus über 100 Ländern mehr Besuchende auf der Messe als 2022. Dieser Trend scheint sich seit Corona jedes Jahr fortzusetzen. Genau wie der Trend steigender Preise, ob für Tickets, Essen und Trinken oder Hotels. Während das in den letzten Jahren noch mit der steigenden Inflation zu erklären war, ist nun die Inflation des Euro rückläufig. Dennoch sind dieses Jahr die Preise rund um die gamescom wieder einmal gestiegen – auch für die Ausstellenden. Kein Wunder also, dass sich Studios wie Sony Playstation und Nintendo nicht auf der gamescom finden lassen. Die Koelnmesse muss sich dringend etwas einfallen lassen.
Die Organisatoren versuchen dem Verlust großer Aussteller*innen entgegenzuwirken, indem sie Brettspiele und Tradingcard-Games nun auch Platz auf der Messe bieten und Hallen teilweise mit weniger Ständen gefüllt sind. Die Stände werden auseinandergezogen und die Gänge werden breiter. Diese Maßnahmen helfen aber nicht, die gamescom als größte Spielemesse der Welt zu halten. Sie sind eher Notlösungen, um das offensichtliche Problem zu verstecken: Die gamescom braucht wieder mehr große Titel.
Alles dreht sich nur ums Geld
Die Preise für Stände, Personal, Unterkunft etc. sind hoch für Studios und Publisher. Seit Corona und der Zeit, indem alles per Trailer oder Livestream angekündigt werden musste, sehen viele der großen Studios nicht mehr den Sinn und keinen Kosten-Nutzen-Faktor in einem großen Stand auf der gamescom. Die Spiele werden nun hauptsächlich über Livestreams angekündigt und sind über eine Open Beta anspielbar, wenn überhaupt. Denn selbst Spiele, die auf der gamescom präsentiert werden, sind häufig nicht mehr selbst anspielbar, sondern nur durch Trailer oder Gameplay in Kino-Präsentationen vertreten. Da in diesem Fall häufig von den Entwickler*innen nicht mehr auf der gamescom gezeigt wird, als ohnehin schon bekannt ist, können sich die Studios viel Geld sparen, indem sie einfach nicht zur gamescom kommen.
Der Goldrausch ist vorbei
Ein weiterer Faktor ist ebenfalls, dass seit Jahren der Umsatz in der Spieleindustrie zurückgeht. Der Boom während der Corona-Zeit ist vorbei. Damals waren alle zu Hause und haben sich dementsprechend viel mit Videospielen beschäftigt und dafür auch Geld ausgegeben. Seit dem Ende der Corona-Maßnahmen aber ist der Umsatz zurückgegangen. Das hat auch dazu geführt, dass einige Studios Massen an Personal entlassen haben, die eigentlich wegen des Booms der Corona-Jahre eingestellt wurden. So scheint der Trend auf Sparmaßnahmen in der Gamingbranche hinzudeuten – und ein Stand auf der gamescom kann die Studios schon mal über eine Million Euro kosten. Das sagte zumindest einer der Communitymanager von Wargaming, als er gefragt wurde, warum sie nicht mehr auf der gamescom vertreten seien. Ein teurer Spaß also.
Probleme erkennen und lösen
Nun steht die Frage im Raum, wie man diesem Trend entgegenwirken kann, vor allem aus der Sicht der Koelnmesse. Denn die gamescom spielt nicht nur viel Geld ein, sondern lockt auch viele Menschen nach Köln. Sie ist momentan die größte Spielemesse der Welt und bringt so auch Deutschland auf die Karte der Gamingindustrie. Damit das so bleibt, muss die Koelnmesse überlegen, wie sie attraktiv für die Entwickler*innen bleibt. Am einfachsten würde das über die Reduktion der Kosten für die Studios gehen. Das wird aber wahrscheinlich nicht passieren, da die Koelnmesse ansonsten den Gewinn bei ihrer erfolgreichsten Messe reduzieren würde. Wenn die Preise jedoch nicht weiter steigen würden, wäre das schon mal ein Anfang. Auch wenn das allein die Entwickler wohl kaum zurückholen wird. Außerdem müssten auch andere Möglichkeiten existieren, wie zum Beispiel Hilfe beim Organisieren von Unterkünften, Transport und technischer Infrastruktur. Ebenso wären Benefits wie Rabatte denkbar, wenn Studios mehrere Jahre in Folge einen Stand auf der gamescom haben.
Es ist momentan keine Lösung für das Problem der Entwickler*innenflucht von der gamescom in Sicht. Aber wenn die Koelnmesse weiterhin das Zuhause für die größte Spielemesse der Welt sein möchte, muss sie aktiv werden. Ansonsten wird sie zwangsläufig irgendwann überholt.