Auch in diesem Jahr dreht sich im Rahmen der Gamescom wieder einmal alles um digitales Gaming. Das nach eigenen Angaben größte Gamingevent weltweit bietet ein vielfältiges Angebot an Unterhaltung. Die Hallen der Koelnmesse werden hierbei mit Themen von Cosplay über Indie bis hin zu Retro-Gaming gefüllt. Im Kern geht es aber vor allem um Entertainment. Doch ist Gaming immer ausschließlich Unterhaltung oder kann es noch weitere sinnstiftende Zwecke erfüllen? Die Entwickler:innen von sogenannten Serious Games sind sich sicher: Ja, das geht!
Spiele werden als Serious Games bezeichnet, wenn sie neben dem reinen Aspekt der Unterhaltung auch einen Vermittlungsauftrag verfolgen. Damit sind also Spiele gemeint, die bestimmte Informationen oder auch konkrete Lerninhalte nach außen tragen. Unter den auf der Gamescom vorgestellten Spielen, gehören auch einige in diese Spielkategorie.
Klimakrise als Storytelling
Auf der riesigen Fläche der Indie Area in Halle 10.2 findet sich zum Beispiel das Strategie- und Aufbauspiel Imagine Earth. Die Entwickler Jens Isensee und Martin Wahnschaffe machen die Klimakrise zum Story-Leitfaden ihres Spiels. In der Rolle eines Wirtschaftsakteurs muss der/die Spieler:in die Verantwortung für die Entstehung einer neuen Zivilisation übernehmen. Dabei ist er/sie stetig von der Gefahr einer globalen Klimakatastrophe bedroht. Es gilt also, sich der Herausforderung des ,,Balanceakts aus Wirtschaft und Nachhaltigkeit“ zu stellen, so einer der Entwickler des Spiels.
Martin Wahnschaffe und Jens Isensee, die das zu Imagine Earth gehörige Entwicklerstudio Serious Bros. gegründet haben, verfolgen eine ganz besondere Motivation. Den beiden geht es bei dem Spiel vor allem darum, das Problem der Klimakrise zu visualisieren, um damit mehr Bewusstsein für das reale Szenario des Klimanotstandes zu schaffen. Außerdem gehe es natürlich auch um den Spaß.
Das Spiel ist eine Mischung aus Entertainment und bewusstseinsschaffender Informationsvermittlung – ein echtes Serious Game also!
Gaming mit Lehrauftrag
Eine ähnliche Mischung herzustellen, hat sich auch die Entwicklerfirma Why so serious games zur Aufgabe gemacht. Geleitet wird das Unternehmen von Heiko Holz und Benedikt Beuttler. Mit ihrem Mobile Game Prosodiya möchten sie einen digitalisierten Beitrag zur Gesellschaft leisten.
Das App-basierte Spiel richten die beiden an Kinder mit Lese- und Rechtschreibschwäche. Die Kernidee des Spiels: ,,Mit Prosodiya trainieren Kinder den deutschen Sprachrhythmus Schritt für Schritt zu erkennen. Sie üben einzelne Wörter in Silben zu gliedern und die betonte Silbe zu erkennen. Anschließend lernen sie, wie sie diese sprachrhythmischen Merkmale mit Rechtschreibregeln verbinden können.“
Bereits fünfmal wöchentlich 15 Minuten sollen laut eigenen Angaben zu erheblichen Erfolgen führen. Dieser Effekt beruhe auf der positiven Auswirkung von sogenannter Gamification der Bildungs- und Lernkontexte, so Holz. Das einflechten von Lerninhalten in ein Game wirke sich in positiver Weise auf Motivation, Engagement und den Spaß an den Lernaufgaben aus.
Mentales Wohlbefinden durch
Mobilegaming
Das Indie-Studio Harikoah stellt auf der diesjährigen Gamescom ebenfalls ein Serious Game vor. Das Mobile Game nennt sich Azoa und dreht sich rund um die gleichnamige Insel im Spiel. ,,Azoa ist deine private Zuflucht, eine wunderbare Oase, wo du dich entspannen und inneren Frieden finden kannst“, so lautet es auf der Website. Die App soll Nutzer:innen zu psychischem Wohlbefinden verhelfen.
Gemeinsam mit Psychologen haben die Entwickler:innen einen digitalen Raum geschaffen, der Ruhe ausstrahlen soll. Um langfristige Ergebnisse zu erzielen reichen nur wenige Minuten am Tag aus, so heißt es weiter auf der Website. Björn Loesing, einer der Verantwortlichen, spricht von intrinsischer Motivation. Sogenanntes Edutainment in Form von Serious Games sei in seinen Augen ,,ein wichtiger Weg, wichtige Themen greifbar zu machen“.
Serious Games als Zukunftskonzept
Gleichermaßen wie Imagine Earth und Prosodiya ist Azoa also ein Serious Game. Die Spiele haben sich zwar jeweils sehr unterschiedliche Vermittlungsideen zur Aufgabe gemacht, ein Konsens geht aus der Auseinandersetzung mit der Thematik und den Gesprächen mit den Verantwortlichen der Games aber hervor: dem Konzept Serious Games gebühre wesentlich mehr Aufmerksamkeit!
Denn Serious Games könnten durchaus einen Beitrag zu einer Zukunft mit effektiverer und spannenderer Wissens- und Lernvermittlung leisten. ,,Zahlreiche Studien belegen die motivationalen Vorteile und positiven Einflüsse auf den Lernprozess“, so Heiko Holz. ,,Ich würde mir in Zukunft definitiv mehr Fokus auf dem Thema wünschen“, fordert Jens Isensee. Es sei außerdem sehr wichtig zu betonen, dass diese Art von Games in keinerlei Hinsicht langweilig seien, der Unterhaltungsfaktor sei maßgeblich für den Erfolg dieser Spiele. Vielleicht ist auch genau das die wichtigste Erkenntnis bei der Auseinandersetzung mit dem Thema: Informationsvermittlung kann definitiv mit Spaß und Unterhaltung erfolgen.
Testen lässt sich Imagine Earth auf der Gamescom in Halle 10.2, im Bereich der Indie Booth. Prosodiya befindet sich im Moment leider in einer Wartungsphase, spätestens im Oktober wird die App wieder verfügbar sein.