Das Logo des gamescom Congress.
Foto: Koelnmesse

Wie Games Erinnerungskultur verändern könnten

Immer mehr Zeitzeugen der NS-Verbrechen sterben – ein wichtiger Teil der Vermittlung von Erinnerungskultur in Deutschland bricht damit weg. Lösungsansätze, um diese Lücke zu schließen, sind rar. Der Gamescom Congress 2024 widmete sich mit einem Panel genau diesem Thema. Unter dem Leitthema ,,Zukünfte der digitalen Erinnerungskultur mit Games“ diskutierten vier Redner*innen aus unterschiedlichen Institutionen über das Vermitteln von Erinnerungskultur durch Games.

Klare Definitionen sind notwendig

Die Debattierenden einigen sich für das Panel auf eine klare Definition von Erinnerungskultur: Hinter dem Begriff verbirgt sich vor allem die Aufarbeitung der Verbrechen zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des deutschen Kulturrats, stellt aber auch klar, dass Erinnerungskultur genauso mit anderen geschichtlichen Ereignissen in Verbindung stehen könne: „Ich würde eher sagen, wir haben Erinnerungskulturen.“ Deshalb sei es wichtig, den Begriff in Debatten und Auseinandersetzungen zu kontextualisieren.

Einige der Redner:innen haben bereits eigene Projekte entwickelt, die das Erinnern an NS-Verbrechen in Games unterbringen. So auch Christian Huberts, der als Leiter des Projekts „Let’s Remember! Erinnerungskultur und Games vor Ort“ den Einsatz von Games an Gedenkorten begleitet. Teil des Projekts ist auch eine Datenbank, in der Games mit thematischem Bezug festgehalten sind. Einer dieser Titel ist zum Beispiel Battlefield V aus 2018, denn dort kämpfen die Spielenden gegen Nazis – „und in einer so genannten ‚War Story‘ (‚Kriegsgeschichte‘) sogar an deren Seite“, heißt es in der Datenbank.

Zur Frage, warum denn ausgerechnet ein Unterhaltungsmedium wie Computerspiele ein solch sensibles Thema behandeln sollte, äußert Huberts sich mit klarer Haltung: „Gaming ist ein massenkulturelles Format – es ist deswegen so wichtig, weil damit so viele Menschen erreicht werden.“ Ergänzend bekräftigt Zimmermann, dass Games zu viel mehr als nur Unterhaltung fähig seien: „Wir müssen aufhören, den Gaming-Bereich zu etwas ganz anderem zu machen: Es ist ein ganz normaler Kulturbereich.“

Das Panel richtet sich dann auch auf gegenwärtige politische Entwicklungen. In Hinblick auf den Wähler*innen-Zuwachs der AfD mahnt Olaf Zimmermann: „Wir merken, wie sich die aktuelle politische Schön-Wetter-Lage gestaltet. Das Erschreckende ist, wer die AfD gewählt hat: ganz viele junge Menschen!“ Die Fachreferentin der Stiftung für Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ), Leonore Martin, richtet sich daraufhin mit einem Eingeständnis an die Anwesenden: „Wir müssen ehrlich sein: Die bisherige Arbeit reicht einfach nicht.“

Foto: Anna Lara Beutel

Games als Hoffnungsträger

Über das Potential von Gaming zur Vermittlung von Erinnerungskultur sind sich die Debattierenden einig. Deborah Schnabel, Direktorin der Bildungsstätte Anne Frank, merkt dazu an, dass es wichtig sei, den Medienkonsum junger Menschen für die richtigen Zwecke zu nutzen: „Junge Menschen sind es gewöhnt zu konsumieren und dabei Informationen zu erlangen. Das müssen wir ausnutzen!“

Zum Abschluss des Panels wird deutlich: Gaming gilt bei den Anwesenden als Hoffnungsträger der nächsten Generation von Erinnerungskultur – auch ohne Zeitzeugen. Dieses Fazit zieht auch Christian Huberts: „Ich hoffe, dass wir weiter solche Projekte bestreiten werden. Ich glaube, da kommt noch sehr viel Positives.“