Fünf Gaming ohne Grenzen Awards stehen auf der Bühne.
Foto: Katja von der Linden

Gaming ohne Grenzen Award geht auf Level Zwei

Auch Preise können Preise gewinnen – und der Gaming ohne Grenzen Award hat nach seinem Debüt im letzten Jahr direkt einen abgestaubt. Für die Preisverleihung auf der gamescom 2023 gab es einen German Brand Award. Dazu kam dann auch noch der Sonderpreis der Jury beim Deutschen Computerpielpreis für den Verein selbst. Gestärkt durch diesen Erfolg ging die Preisverleihung dann dieses Jahr in die zweite Runde, mit größerer Bühne und viel mehr Publikum.

Die Preisverleihung fand am ersten Tag der gamescom statt und prämierte schon wie letztes Jahr besondere Spiele, Projekte und Persönlichkeiten im Bereich Barrierefreiheit. Partner congstar verkündete im Vorhinein: „Mit dem Gaming ohne Grenzen Award möchten Gaming ohne Grenzen und congstar besondere Verdienste und innovative Ideen würdigen, gleichzeitig aber auch auf die Probleme aufmerksam machen, mit denen sich Menschen mit Behinderungen im Gaming nach wie vor konfrontiert sehen.“

Gaming ohne Grenzen ist ein Verein, der als Initiative der Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW begann. Seit 2020 arbeiten sie an Initiativen und Projekten, die es Menschen mit Behinderungen ermöglichen sollen, am Gaming-Hobby teilzuhaben. congstar ist bereits seit Beginn Unterstützer. Die Zeremonie fand auch dieses Jahr wieder an ihrem Stand auf der gamescom statt und wurde moderiert von Melek Balgün. Über die Sieger*innen entschied eine zehnköpfige Expert*innenjury aus den Bereichen Gaming, Forschung, Pädagogik und Journalismus.

Racing wie es dir am besten passt

In der Kategorie „National“ ging der Preis an den X-Box-Stand auf der gamescom 2023. Schon mit ihrem Stand aus 2022 waren sie für den Preis nominiert, dieses Jahr reichte es dann für den Sieg. Laudatorin Melanie Eilert, Siegerin im Bereich Personality 2023, lobte die Entwicklung des Standes über die vergangenen Jahre: 2018 musste sie noch um eine Rampe für ihren Rollstuhl bitten, 2023 war die Fläche für sie voll befahrbar. Der Stand bot viele Angebote für Menschen mit Behinderung, so wie einen Ruheraum, sensorische Hilfsmittel, Fidgettools, Gehörschutz und adaptive Controller.

Das Racing-Game Forza Motorsport von Developer Turn 10 Studios trug den Sieg in der Kategorie „International“ davon. Die ausgezeichneten Accessibility Features des Spiels wurden in Kooperation mit Gamer*innen mit Behinderungen entwickelt und auch schon bei den Game Awards 2023 mit dem Preis für „Innovation in Accessibility“ ausgezeichnet.

Forza Motorsport fällt in das sehr technisch fokussierte Racing-Sim-Genre. Gerade hier ist gute Barrierefreiheit eine Seltenheit. Das Spiel bietet eine Reihe von Optionen – unter anderem audio cues für blinde Spieler*innen und ein stark anpassbares HUD. Auf ihrer Website schreibt das Forza Support Team dazu: „We want each of our players around the world to experience Forza Motorsport in a way that works best for them.”

Jam von und für Entwickler*innen mit Behinderung

Wieder war die Industriegröße Sims 4 in der Kategorie „Repräsentation“ nominiert, doch wieder ging der Preis an ein Indie-Projekt: Der DiscoDevs Gamejam fand im Juni bis Juli 2024 statt und ist ein Projekt, das Entwickler*innen mit Behinderung bei der Arbeit an und der Veröffentlichung von ihren Spielen hilft. Das zweiwöchige Online-Projekt, von und für Entwickler*innen mit Behinderung, fand in diesem Jahr zum ersten Mal und unter dem Motto „Disabled Futures“ statt. Der Jam unterstützt sowohl Videospiele als auch Tabletop, solange mindestens 50% des Teams hinter dem Spiel eine Behinderung haben. KI-generierte Inhalte sind untersagt. In der Dankesrede freute sich Fen Bernard: der Preis ermögliche dem Team, nächstes Jahr einen „bigger and better Gamjam“ auszurichten. Ein Bundle mit einigen der teilnehmenden Projekte soll ab Oktober auf itch.io verfügbar sein.

Das „Tool der Hoffnung“

Besonders das Steuern von Spielen ist oft ein Problem für die Barrierefreiheit. Nicht jede*r hat die motorischen Kapazitäten und Möglichkeiten, um einen PC oder Controller wie intendiert zu bedienen. Dafür ist der Alt Controller – Sieger in der Kategorie „Technologie und Hardware“ – da. Das kostenlose Open-Source-Programm erlaubt es Spieler*innen mit Bewegungseinschränkungen, die Input/Output-Beziehung ihres PCs oder ihres Controllers plattformübergreifend zu bearbeiten und so das Spiel beispielsweise durch Augenbewegungen zu kontrollieren. Laudator Thomas Feibel preist es nicht zu Unrecht als „Tool der Hoffnung“. Auf der Website des Alt Controllers sind zudem Guides zu finden, um das Programm auf spezifische Spiele wie zum Beispiel World of Warcraft anzupassen.

Die blinde Streamerin und Developerin Svenja Ottawa aka. SvenjaDev wurde dieses Jahr für ihre Arbeit mit dem Award im Bereich „Personality“ ausgezeichnet. Ottawa streamt auf ihrem Twitch-Kanal meistens Hearthstone und demonstriert dadurch das, was viele Sehende ihr nicht zutrauen: um Pro-Gamer*in zu sein, braucht man nicht sehen können. Sie nutzt Accessibility Tools für Bildschirmtext, Audio-Beschreibungen und Twitch-Nachrichten und erklärt diese in Interviews, Podcasts und auf den Bühnen der Gamescom. Dabei ist es ihr besonders wichtig, auch auf die Arbeit anderer Gamer*innen und Developer*innen mit Behinderungen zu verweisen, wie zum Beispiel ihrem Mitnominierten Brandon Cole. Cole arbeitete u.a. an The Last of Us und Forza Motorsport mit. Laudatorin Saskia Moes lobt: „Ihre Streams sind mehr als nur Unterhaltung, sie sind ein Statement.“

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