„Cosplay ist Schweiß, Tränen und Blut“

Suchend blicken leuchtend-grüne Augen durch die Menge. Sie, das ist Ani, durchsucht die Menschenmenge des Cosplay Villages. Verkleidet als der Comiccharakter “Starfire” wartet sie mit ihren ebenfalls verkleideten Freunden im Cosplayvillage auf das nächste Foto. Viele Besucher kommen nur dafür vorbei, denn die Gamescom dient auch dazu, dass sich Gleichgesinnte rund um das Thema Cosplay austauschen können.

Beim Cosplay verwandeln sich die sogenannten “Cosplayer” in ihre Lieblingsfiguren aus Filmen, Comics, Mangas und Animes. Der Begriff leitet sich aus “costume” und “roleplay” ab. Seit einem Jahr verwandelt sich die 24-Jährige regelmäßig in ihre Idole und besucht damit verschiedene Conventions in ganz Deutschland.

Schon als Kind faszinierte es Ani, sich während des Karnevals zu verkleiden. Auf einer Buchmesse knüpfte sie vor ein paar Jahren schließlich den Kontakt zu einer Cosplayerin. Nach dieser Begegnung entstand der Wunsch, sich als Figur in einem Kostüm widerzuspiegeln und in andere Rollen zu schlüpfen. Vor allem das Erstellen des Kostüms ist sehr aufwendig, da die Materialien von ihr in Baumärkten, Kostümfachgeschäften und gewöhnlichen Modegeschäften zusammengekauft werden. Anis Kostüm von “Starfire” ist vom gleichnamigen Comic des brasilianischen Künstlers Gabriel Picolo.

Ihre Vorliebe zu rothaarigen Charakteren ist besonders ausgeprägt. Die Lieblingskostüme der Cosplayerin sind die Charaktere Scarlett Witch von Marvel, Sansa Stark aus der erfolgreichen US-Serie Game of Thrones und Starfire. Detailgetreue Makeups haben es Ani besonders angetan und so orientiert sie sich oft an berühmten Cosplayerinnen auf Instagram. Kreativität verbindet Anis Studium der Architektur mit ihrem Hobby. Nicht selten werden Werkzeuge und Materialien vom Modellbau für die Cosplaykostüme zweckentfremdet. Aber auch Anis Mutter hilft oft beim Nähen der Kostüme.

350 Stunden Arbeitszeit

Neben Ani ist unter anderem die Cosplayerin Jessica “jersyca” Arndt im Cosplayvillage unterwegs. Für ihre Kostüme braucht sie in der Regel mehr als 350 Stunden. “Cosplay ist Schweiß, Tränen und Blut”, sagt sie. Jessicas Freund Marco toleriert die “Cosplayhaufen”, die sie überall in der Wohnung verteilt und hilft ihr auf den Messen mit den Kostümen, die meistens mehrere Kilo schwer werden können. Außerdem sei es für ihn sehr praktisch, im Alltag verschiedene Werkzeuge in unmittelbarer Nähe zu haben. Die Cosplayerin nimmt während der Gamescom gleich an zwei Contests teil, unter anderem mit ihrem Kostüm zum Blizzard- Charakter “Sindragosa” aus World of Warcraft.

Mit diesem Kostüm fühlt sich die zierliche Cosplayerin machtvoll und liebt das Gefühl, sich mit ihrem Kostüm von einer schüchternen Person zu einem gefährlich wirkenden Charakter zu verwandeln, der auf Conventions viele Blicke auf sich zieht und häufig im Mittelpunkt steht. Auch in diesem Jahr gibt es zahlreiche Contests auf der Gamescom, jedoch nimmt Ani nicht mehr an solchen Wettbewerben teil. Sie empfindet das Vergleichen von unterschiedlichen Kostümen als unfair, da der zeitliche Aufwand und die Mühe in vielen Fällen nicht miteinander verglichen werden können.

Jessica und die Autorin Mona

Diskussion um sexualisierte Cosplays

Bei den Contests auf der Bühne des Cosplayvillage sieht man oft Frauen in kurzen Röcken oder mit weit ausgeschnittenem Dekolletee und dieser Umstand entfacht, nicht nur auf der Gamescom, die Diskussion des sexualisierten Cosplays. Ani würde selber nicht zu viel Haut zeigen, da sie bestimmte Zonen ihres Körpers nicht offen zur Schau stellen will. “Es gibt aber auch ästhetische Kostüme, da sieht das schön aus”, so Ani. Trotzdem erkennt sie einen Trend dahingehend, dass ganz nach dem Motto “Sex sells” viele Cosplayerinnen so wenig Stoff wie möglich verwenden, um Aufmerksamkeit zu bekommen und auf Social Media bekannter zu werden.

Jessica konzentriert sich bei ihren Kostümen auf Rüstungen, die auch etwas mehr Haut zeigen. Dennoch legt sie viel Wert auf die Ästhetik ihrer Kostüme und will möglichst nah an dem Original des Charakters arbeiten. Dies fordert manchmal eine freizügigere Gestaltung. Cosplays faszinieren viele Besucher der Gamescom, da die Charaktere des jeweiligen Mediums ein Stück weit in die Realität geholt werden. Ani taucht mit ihren Freunden wieder in der Menge unter und auch Jessica bereitet sich auf anstehende Contests vor.